Rückblick Sommersession 2024

Eine erfreuliche Session für die Kinder und das Kindeswohl ging zu Ende. Das Parlament hat alle Geschäfte angenommen, welche von Kinderschutz Schweiz unterstützt wurden.
Montag, 24. Juni 2024
  • Definitiv angenommen wurde das Geschäft 21.504: «Bei häuslicher Gewalt die Härtefallpraxis nach Artikel 50 AIG garantieren». Damit werden Kinder besser vor Gewalt geschützt.
  • Ebenfalls angenommen wurde das Geschäft des Bundesrates: ZGB. Änderung (Massnahmen gegen Minderjährigenheiraten): Diese gesetzlichen Anpassungen sollen präventiv wirken und den betroffenen Kindern mehr Zeit geben, die Ehe für ungültig erklären zu lassen.
  • Erfreulicherweise sagt der Nationalrat deutlich Ja zur Mo. Müller-Altermatt «Datenlage zur Umsetzung der Kinderrechte verbessern». Mit dem Aufbau einer harmonisierten Datengrundlage kann der Schutz der Kinder zielgerichtet und effizient vorangebracht und die Rechte der Kinder gewahrt werden.
  • Der Ständerat sagt Ja zum Postulat Roth «Schwerwiegende Folgen der fehlenden Behandlung postnataler Depression verhindern». Viele Mütter sind von einer postnatalen Depression betroffen. Für die Frau und die Familie ist das eine grosse Belastung, die auch den Kleinsten den Start ins Leben erschwert. Mit der Erfüllung des Postulates werden die nötigen Grundlagen erarbeitet, damit junge Mütter zukünftig besser unterstützt werden können.
  • Der Ständerat sagte ebenfalls ja zu Mo. Nationalrat (SiK-N): «Verfassungsgrundlage für eine Bundesregelung des nationalen polizeilichen Datenaustausches». Gerade zur Bekämpfung der Cyberpädokriminalität müssen die Kantonspolizeien jederzeit rasch auf die in der Schweiz verfügbaren Daten zugreifen können. Durch die die geforderte Verfassungsgrundlage ist dies nun möglich.

Bei häuslicher Gewalt die Härtefallpraxis nach Artikel 50 AIG garantieren

Kinder, die häusliche Gewalt erleben, sind erheblichen psychischen Belastungen ausgesetzt und fühlen Angst, Mitleid und Hilflosigkeit. Für Mütter und deren Kinder konnte der drohende Verlust einer Aufenthaltsbewilligung bisher ein Grund sein, um weiter in einer von Gewalt geprägten Beziehung ausharren zu müssen. Für die Kinder hat dies gravierende Folgen. Hier bringt die Umsetzung der parlamentarischen Initiative «bei häuslicher Gewalt die Härtefallpraxis nach Artikel 50 AIG garantieren» (21.504) Verbesserungen: So wird die Härtefallregelung neu auf alle Ausländerinnen und Ausländer, die häusliche Gewalt erleiden, angewendet. Dies geschieht unabhängig von der Art der Aufenthaltsbewilligung. Der Nachweis von häuslicher Gewalt wird zudem erleichtert. Dadurch werden Kinder besser geschützt. Denn auch sie leiden unter der häuslichen Gewalt. Leider können die Integrationsbemühungen von Gewaltbetroffenen nach wie vor eingefordert werden– was für diese aufgrund der schwierigen Lebenssituation nicht einfach ist. Dies gefährdet potenziell den Aufenthaltsstatus der mitbetroffenen Kinder.

Klares Signal gegen Heirat von Minderjährigen

Mit der Annahme des Geschäfts des Bundesrates: ZGB. Änderung (Massnahmen gegen Minderjährigenheiraten) (23.057) senden die Räte ein klares Signal aus, dass die Heirat von Minderjährigen in der Schweiz nicht toleriert werden. Im Ausland geschlossene Ehen mit Personen unter 16 Jahren werden in keinem Fall anerkannt. Das gleiche gilt für die sogenannten «Sommerferienehen», bei denen in der Schweiz wohnhafte Minderjährige während den Ferien im Ausland verheiratet werden. Weiter haben Betroffene neu bis zum 25. Altersjahr Zeit, gegen eine Ehe vorzugehen, welche sie vor ihrem 18. Lebensjahr geschlossen haben. Uneinig waren sich der National- und der Ständerat bei der Frage, ob Gerichte in gewissen Fällen Minderjährigenehen anerkennen dürfen oder nicht. Diese Interessensabwägung wurde schlussendlich beibehalten, der Ständerat hatte sich durchgesetzt. Eine Ehe von zwei ausländischen Minderjährigen, die z.B. in Italien in legaler Weise im Alter von 17 Jahren geheiratet hatten, kann nun von einem Schweizer Gericht ausnahmsweise als gültig anerkannt werden. Kinderschutz Schweiz setzte sich für die Streichung dieser Möglichkeit ein, da betroffene Minderjährige oft unter grossem Druck der Familie stehen, die Ehe gegen den eigenen Willen weiterzuführen (und somit vor Gericht nicht die Wahrheit sagen). Der Bundesrat erklärte sich bereit, nach ein paar Jahren über die beschlossene Regelung Bericht zu erstatten. So kann immerhin festgestellt werden, ob Minderjährigenehen wirklich nur in Ausnahmefällen anerkannt werden.

Der Nationalrat will die Datenlage zur Umsetzung der Kinderrechte verbessern

Stefan Müller-Altermatt, der Urheber der Motion «Datenlage zur Umsetzung der Kinderrechte verbessern» (22.4505) drückte sich im Parlament klar aus: «In welchem Ausmass sind Kinder in der Schweiz von Cyberkriminalität betroffen? Wie gesund ist unsere Jugend? Wie oft und in welchem Ausmass sind Kinder in der Schweiz Opfer von Gewalt? Die Antwort auf diese Fragen ist immer dieselbe: Wir wissen es nicht – wir wissen es nicht!» Der Bundesrat verweist bei diesem Thema jeweils darauf, dass die Kinder- und Jugendpolitik – und somit auch das Sammeln der entsprechenden Daten – Sache der Kantone sei. Genau deshalb braucht es neue gesetzliche Grundlagen, aufgrund derer der Bund die Erhebung von Daten in den Kantonen koordinieren und mitzusteuern kann. Dies ist notwendig, denn es fehlt ein Überblick zur Lebenssituation von Kindern in der Schweiz. Verfügbare Zahlen sind in verschiedensten nationalen und kantonalen Statistiken verstreut, oft nicht vergleichbar oder auch gar nicht vorhanden. Klar ist: Schutz braucht Wissen! Damit die Rechte der Kinder gewährleistet werden können – insbesondere der Schutz vor allen Formen der Gewalt –, braucht es eine umfassende, einheitliche Kinder- und Jugendhilfe/Kinderschutzstatistik. Die Motion geht nun in den Ständerat. Kinderschutz Schweiz setzt sich weiterhin für die Annahme dieser Motion ein!

Postnatale Depression – Grundlagen für eine bessere Behandlung der psychischen Probleme von werdenden und jungen Müttern

Der Ständerat sagt Ja zum Postulat Roth «Schwerwiegende Folgen der fehlenden Behandlung postnataler Depression verhindern» (24.3145). Damit sich Kinder gesund entwickeln können, ist eine rasche und professionelle Behandlung von Müttern, die unter einer postnatalen Depression leiden, notwendig. Idealerweise bleiben Mutter und Kind dabei zusammen. In den Kantonen fehlen jedoch die entsprechenden Angebote. Zudem fehlt es an genügend qualifiziertem Fachpersonal und entsprechenden Weiterbildungen. Auch behindern teilweise lange Wartezeiten und administrative sowie finanzielle Hürden den Zugang zu Hilfsangeboten. Dies gefährdet Mütter und ihre Kinder. Der Postulatsbericht wird Wege aufzeigen, wie die Sensibilisierung, ein Screening und die ambulante Behandlung der psychischen Probleme von werdenden und jungen Müttern schweizweit besser gewährleistet werden könnte. Die Früherkennung bei psychischen Problemen ist für den Schutz der Kinder zentral, weshalb sich Kinderschutz Schweiz für dieses Thema stark macht.

Schaffung einer Verfassungsgrundlage für eine Bundesregelung des nationalen polizeilichen Datenaustausches

Richtigerweise angenommen wurde Motion der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrates (23.4311). Kriminelle Aktivitäten machen nicht an Kantons- oder Landesgrenzen halt. Für eine wirksame Bekämpfung der Gewalt gegen Kinder, gerade auch im Cyberbereich, ist es deshalb wichtig, dass die Polizeiorgane ihre Daten einfach und schnell austauschen können. Eine nationale Abfrageplattform (POLAP) ist zwar bereits im Aufbau und ein Entwurf für ein interkantonales Konkordat über den Austausch von Polizeidaten liegt vor. Aufgrund der Polizeihoheit der Kantone muss aber auf nationaler Ebene sichergestellt werden, dass diese sich tatsächlich am notwendigen Austausch polizeilicher Daten beteiligen werden. Dazu dient die neue Verfassungsgrundlage.

 

Weitere interessante Geschäfte für den Kindesschutz

Annahme zweier Postulate, die Forschungsberichte zur sexualisierten Gewalt an Kindern fordern

Ein Postulat des Nationalrates Clivaz (24.2398) fordert, die sexualisierte Gewalt an Kindern, die in Familien geschieht, zu untersuchen und Präventionsmassnahmen anderer Länder zu studieren. Gestützt darauf sollen Lösungswege aufgezeigt werden, wie mehr Fälle gemeldet und die Betroffenen besser unterstützt werden könnten. Das Postulat Kamerzin (24.3334) verlangt, dass zusätzlich ein «Bericht über die Fälle sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen in jeglichen Strukturen der Sozialisation (Schulen, Sportvereine, Kultur- und Kunstvereine etc.)» erstellt wird und die notwendigen Empfehlungen zur Bekämpfung dieser Gewalttaten erarbeitet werden.

Versorgungssicherheit der Kinder- und Jugendpsychiatrie

Der Nationalrat nahm eine Motion seiner Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (24.3398) an, die die Versorgung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie schweizweit sicherstellen soll. Der Bundesrat soll demnach eine nationale Tarifstruktur schaffen, welche zu kostendeckenden Tarifen in der spital-ambulanten Kinder- und Jugendpsychiatrie führt.

shopping_cart
Zum Warenkorb
0