Starke Worte von Claudia Landolt Starck
Der Geist ist ein machtvolles Wesen. Er beisst sich fest: an Eindrücken, an Erlebnissen und an Worten. Worte können trösten oder tief verletzen, manche hängen einem tage- oder gar jahrelang nach. Worte haben eine grosse Macht, sie beeinflussen tagtäglich, wie wir denken und handeln, was wir wahrnehmen und woran wir uns erinnern. Das ist bei Kindern nicht anders. Daher plädiere ich für einen achtsamen Umgang mit Worten, erst recht bei unseren Kindern. Fast alle Eltern kennen das: In den Zimmern herrscht eine Schneise der Verwüstung, es wird gestritten, gejammert und gemeckert ohne Ende. Irgendwann ist es mit der Selbstbeherrschung vorbei, und Mutter oder Vater ergreifen das Wort, erheben die Stimme, schimpfen oder schreien. Die Grenzen unserer Geduld sind überschritten, und wir hören uns Sätze sagen wie: ‹Also SO gehst du mir nicht aus dem Haus!›. Oder: ‹Nie kannst du deine Sachen einfach aufhängen, immer musst du alles liegen lassen.› Und: ‹Heul jetzt nicht rum, bist ja selber schuld.› Man schimpft und fühlt sich schlecht dabei. Denn eigentlich wissen wir doch: Es macht einen Unterschied, ob ich in der Ich-Form spreche und Lösungen anbiete oder ob ich in der Du-Form das Kind negativ bewerte. Und trotzdem bleibt es nicht dabei: Man schimpft, und schnell kommen demütigende Worte hinzu. Verbale Gewalt hat viele Formen, und Schimpfen, Anschreien und abwertende Bemerkungen sind nur drei davon. Hört ein Kind ständig: ‹Wie kann man nur so langsam/unaufmerksam/egoistisch/blöd sein!›, ist das genauso schlimm, wie tatsächlich geschlagen zu werden. Aus der Forschung ist bekannt, dass verbale Gewalt genauso schlimme Folgen für die kindliche Entwicklung hat wie körperliche Verletzungen. Worte hinterlassen Spuren in der Gehirnstruktur. Kinder verdienen es nie, verletzt zu werden, egal, was sie getan haben. Es ist immer die Aufgabe von uns Eltern (und nicht die der Kinder), für Harmonie in der Familie zu sorgen. Und das erreichen wir nicht, indem wir sie demütigen, beschimpfen oder bestrafen.
Claudia Landolt Starck
Mutter von vier Kindern und leitende Autorin des Schweizer Elternmagazins Fritz & Fränzi, herausgegeben von der Stiftung Elternsein