Partizipation von Kindern und Eltern als wichtige Voraussetzung für gelingende Unterstützung im Kinderschutz
Das Recht des Kindes auf Partizipation leitet sich aus Art. 12 der UNK-KRK ab und umfasst alle Entscheidungsprozesse, die das Kind betreffen. Auch empirisch ist belegt, dass einvernehmliche Zustimmung und Mitwirkung der betroffenen Kinder und deren Eltern einen Einfluss auf den Erfolg von ambulanten und stationären Unterstützungsleistungen haben. Unterstützungsleistungen sollen somit, wenn immer möglich, einvernehmlich beansprucht werden können. Voraussetzung ist, dass die Kinder und deren Eltern in den Prozess einbezogen werden, sie die Hilfestellung als sinnvoll erachten und ein Vertrauensverhältnis aufgebaut werden kann. Wichtig bleibt, dass dies unter Berücksichtigung des übergeordneten Kindesinteresses stattfindet. Entsprechend trägt eine verstärkte Beteiligung zu einer Verbesserung des Kinderschutzes bei.
Qualifizierung von Fachpersonen im Kindesschutz
Fachpersonen, welche in verschiedenen institutionellen Settings mit Kindern arbeiten, benötigen zusätzlich zur eigenen Disziplin ein kindesschutzspezifisches Fachwissen. Dazu zählen grundlegende Kenntnisse über die Früherkennung und den Umgang mit Kindeswohlgefährdungen, Kenntnisse des Kindesschutzsystems und der verschiedenen Akteure, Gesprächsführung mit Kindern, Kenntnisse zur frühen Kindheit, Gewährleistung der Sicherheit von Opfern und Dokumentation der Befunde sowie Grundkenntnisse der Kinderrechte. Weiterbildung und Qualifizierung der Fachpersonen ist eine wichtige Ressource für die Qualität im Kindesschutz.
Transdisziplinäre Qualitätsstandards als fachlicher Orientierungsrahmen
Mit der Einführung der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde im Jahr 2013 erfuhr der Kindesschutz einen Professionalisierungsschub. Dennoch ist das schweizerische Kindesschutzsystem aufgrund der föderalen Struktur nach wie vor heterogen und bietet nicht überall dieselben Leistungen. Es gibt mittlerweile verschiedene Standards und Empfehlungen, die für bestimmte Bereiche des Kindesschutzes entwickelt wurden, jedoch fehlt eine verbindliche und einheitliche Verankerung auf Bundesebene. Neben dem behördlichen Kindesschutz ist insbesondere der einvernehmliche Kindesschutz und damit verbunden Früherkennung und Frühintervention bei Kindeswohlgefährdung zu stärken.
Qualitätsstandards helfen, bestehende Ungleichheiten im Kindesschutz zu beheben. Sie sind jedoch aufgrund der notwendigen Anpassungen an den Einzelfall nicht als starre Standardisierung bestimmter Vorgehensweisen zu verstehen, sondern sollen Orientierung und eine fachliche Systematik ermöglichen. Dabei ist Inter- oder Transdisziplinarität eine wichtige Voraussetzung, um die beruflichen Grenzen der einzelnen Akteure im Kindesschutz zu überwinden, das gegenseitige Verständnis zu stärken und einen neuen Rahmen für die Zusammenarbeit zu entwickeln.
Vernetzung, Austausch und Kooperation zur Qualitätsentwicklung
Kindesschutz ist eine Verbundsaufgabe. Eine stärkere Vernetzung und verbesserte Kooperation zwischen den beteiligten Akteuren im behördlichen und einvernehmlichen Kindesschutz ist ein wesentlicher Faktor für Qualität. Damit Akteure verschiedener Berufsgruppen und Hilfesystemen zusammenarbeiten können, muss für sämtliche Beteiligten klar sein, wie innerhalb der professionellen Strukturen mit einer belasteten Situation umgegangen wird. Die Kenntnis über Zuständigkeiten, Auftrag und Möglichkeiten der verschiedenen Berufsgruppen ist eine wichtige Voraussetzung. Erfahrungen zeigen, dass sich Reibungsverluste und Fehler einstellen, wenn unterschiedliche Hilfesysteme ohne Rollen- und Aufgabenklärung, ohne gemeinsam geteiltes Verständnis von Kindesschutz zusammenarbeiten. Das Fehlen einer verbindlichen Zusammenarbeit führt immer wieder zu einer unbefriedigenden Fallbearbeitung und geht zu Lasten der Kinder und Familien.
Informationsaustausch zwischen Fachpersonen und Persönlichkeitsschutz (Datenschutz)
Ein verlässlicher Austausch zwischen Berufsgruppen und der Aufbau einer Vertrauensbeziehung mit den Betroffenen sind für einen funktionierenden Kindesschutz unerlässlich. Zusammenarbeit setzt jedoch immer voraus, dass Informationen ausgetauscht werden können. Heikel ist die Weitergabe von besonders schützenswerten Personendaten.
Im Bereich der Früherkennung und Frühintervention bei Kindeswohlgefährdung und des einvernehmlichen Kindesschutzes ist ein Informationsaustausch zwischen Fachstellen nur im Einverständnis mit den Betroffenen oder gestützt auf eine Gesetzesgrundlage wie dem kantonalen Schulgesetz möglich. Diese Schranke der Informationsweitergabe lässt sich auch aus fachlicher Sicht begründen, indem Unterstützungsleistungen nur dann erfolgsversprechend sind, wenn sie von Betroffenen als sinnvoll beurteilt werden. Vorbehalten sind akute Kindewohlgefährdungen, welche eine sofortige Meldung erfordern (behördlicher Kindesschutz). Im Bereich des behördlichen Kindesschutzes ist die Informationsweitergabe an die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde im Zivilgesetz und an die Jugendstrafbehörden im Jugendstrafgesetz geregelt.
Die Bedeutung der Organisationsgestaltung und Organisationskultur
Eine Kindesschutz-Policy ist für Organisationen im Kindesschutz und deren Qualität unverzichtbar. Sie dient dazu, die eigenen Gefährdungsrisiken zu klären und Massnahmen zur Minimierung der Risiken zu ergreifen. Eine Kindesschutz-Policy soll zu einer Kultur der Achtsamkeit und des genauen Hinschauens beitragen, sowohl intern als auch bei Dritten, die sich für die Zusammenarbeit in gewissen Aufgaben verpflichten müssen.