Das Zitat von Johann Wolfgang von Goethe verbildlicht, was eine gewaltfreie Erziehung zum Ziel haben sollte. Auch beschreibt es in wenigen Worten die zentralen Elemente der anleitenden Erziehung, die Kinderschutz Schweiz als entwicklungsfördernden Erziehungsstil vertritt.
Viele Eltern und Bezugspersonen von Kindern sind sich der Rechte von Kindern auf gewaltfreie Erziehung bewusst – und dennoch ist Gewalt in der Erziehung in der Schweiz noch immer ein verbreitetes gesellschaftliches Problem. Sie kann verschiedene Formen haben und reicht von Ablehnung und Demütigung über Ohrfeigen und Prügelstrafen bis hin zu Vernachlässigung und sexueller Gewalt. Auslöser ist in vielen Fällen eine Überforderung der Bezugspersonen des Kindes. Oft fehlt den Eltern und Bezugspersonen auch das Wissen über die kindlichen Bedürfnisse und über die Entwicklungsschritte von Kindern.
Wenn Kinder in ihrer Erziehung Gewalt erleben, beeinträchtigt dies ihre Entwicklung, und das kann für sie allenfalls schwerwiegende Folgen haben. Damit Kinder sich gesund und ihrem Potenzial entsprechend entwickeln können, müssen die grundlegenden kindlichen Bedürfnisse auf angemessene Weise befriedigt werden.
Sie sind angewiesen auf erwachsene Bezugspersonen, die ihnen Achtung entgegenbringen und ihre Persönlichkeit respektieren. Beim Modell der anleitenden Erziehung nehmen die Eltern und die Bezugspersonen ihre Rolle als Erwachsene und ihre Verantwortung als Erziehende wahr. Sie leiten und begleiten die Kinder respektvoll unter Anerkennung von deren Rechten, Bedürfnissen und der kindlichen Persönlichkeit. Einen bedeutenden Stellenwert in der anleitenden Erziehung hat die Kommunikation. Auf den Themen «Miteinander reden» und «Einander zuhören» liegt denn auch ein besonderer Fokus.
Durchatmen und bis zehn zählen – Handlungsalternativen finden
Eltern und Erziehungsberechtigte sind sich der kindlichen Bedürfnisse im Allgemeinen klar bewusst. In konkreten Situationen im zeitweilig hektischen Familienalltag fehlt ihnen aber manchmal die Gelassenheit, um besonnen und in angemessener Weise auf ihre Kinder zu reagieren. Eine vertiefte Auseinandersetzung mit den eigenen Erziehungsvorstellungen und den damit verbundenen Erwartungen an die Kinder kann helfen, im Erziehungsalltag gelassener zu bleiben und auch in schwierigen Situationen bedachtsam zu handeln. Der Werkzeugkasten der Handlungsalternativen unterstützt den positiven, gewaltfreien und anleitenden Erziehungsstil auch in hitzigen Momenten.
Kinder haben Rechte
Die Schweiz hat 1997 die UN-Kinderrechtskonvention unterzeichnet. Damit hat sich die Schweiz verpflichtet, Kinder mit gesetzlichen und weiteren Massnahmen zu schützen. Kinder sollen gesund und sicher aufwachsen, in ihrer Entwicklung gefördert werden und Schutz vor Diskriminierung erhalten. Entscheide, die das Kind betreffen, müssen in seinem besten Interesse gefällt sein. In Belangen, die sie selbst betreffen, dürfen Kinder mitreden.
Die Konvention ist ein Teil der schweizerischen Rechtsordnung. Das heisst: Der Staat verpflichtet sich, die Familien mit entsprechenden Gesetzen und Angeboten bei ihren Erziehungsaufgaben zu unterstützen. In der Schweizer Gesetzgebung ist das Recht des Kindes auf eine gewaltfreie Erziehung bis heute nur ungenügend umgesetzt. Dies führt immer wieder dazu, dass die Schweiz von internationalen Gremien wie dem UN-Kinderrechtsausschuss gerügt wird.