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Richtiger Umgang mit Stress

Stress ist für jeden etwas anderes. Was dem einen Menschen erheblichen Stress bereitet, empfindet ein anderer als wunderbares Vergnügen. Auf jeden Fall ist Stress mehr als nur eine körperliche Reaktion.

«Ich wüsste es eigentlich besser, aber vor lauter Stress konnte ich keinen klaren Gedanken fassen.»

Unser heutiges Leben ist geprägt von Hektik und ständiger Erreichbarkeit. So klagen immer mehr Menschen, sie hätten Stress – und zwar nicht nur im beruflichen Umfeld, sondern auch in der Familie. Manchmal ist es für Eltern unter all diesen Umständen schwierig, angemessen auf das Verhalten ihrer Kinder zu reagieren. 

Kaluza unterteilt Stress in drei Ebenen:

Äussere Stressfaktoren

«Ich gerate in Stress wenn …»

Äussere Stressfaktoren können alltägliche Dinge sein, zum Beispiel viel Arbeit, Lärm, den Bus verpassen, unangenehme Nachbarinnen oder Nachbarn, zu spät kommen. Auch kritische Lebensereignisse sind äussere Stressfaktoren. Sie sind meist unvorhersehbar und einschneidend. Das betrifft zum Beispiel den Tod eines nahen Angehörigen, eine schwere Krankheit oder Arbeitslosigkeit. Aber auch positive Lebensereignisse erzeugen Stress, beispielsweise eine Heirat oder die Geburt eines Kindes.

Persönliche Stressverstärker

«Ich setze mich selber unter Stress, wenn …»

Auf der Ebene der Stressverstärker sind die persönlichen Einstellungen und Bewertungen prägend. Eine Situation kann von einem Menschen als mehr und von einem andern als weniger stressig erlebt werden. Wir reagieren erst dann mit einer Stressreaktion, wenn wir eine Situation individuell als stressreich bewerten. Stressfördernd sind Einstellungen und Werthaltungen wie Ungeduld, Perfektionismus, das Streben nach Anerkennung, der Wunsch nach persönlicher Unabhängigkeit, das Gefühl, stark sein zu müssen, oder der Wunsch nach Sicherheit und Kontrolle.

Körperliche und psychische Stressreaktionen

«Wenn ich im Stress bin, dann …»

Auf die äusseren Stressfaktoren und unsere inneren Stressverstärker folgen körperliche und psychische Stressreaktionen. Dies können Kopfschmerzen sein, innere Unruhe, Grübeln und Konzentrationsprobleme. Eine Stressreaktion kann sich auch im Verhalten und in Äusserungen von Eltern zeigen: Der Tonfall gegenüber dem Kind ist gereizt oder gar aggressiv, man hört nicht recht zu, ist ungeduldig – oder es kommt schnell zu einem Wutausbruch.

In der Abbildung wird das Stressmodell von Kaluza dargestellt. Es zeigt, dass für einen besseren Umgang mit Stress an verschiedenen Stellen angesetzt werden kann.(Quelle)

Wege aus der Stressfalle

Das Stressmodell kann helfen, Handlungsoptionen auf allen drei zuvor genannten Ebenen zu finden und damit den Umgang mit anspruchsvollen Situationen zu erleichtern. Je nachdem, auf welcher Ebene Eltern ansetzen möchten, gibt es unterschiedliche Handlungsempfehlungen. Zum Beispiel können Eltern sich in einer ruhigen Minute überlegen, was ihnen in Bezug auf die jeweilige Stressebene hilft.

Dazu nachfolgend einige Anregungen:

Anforderungen aktiv begegnen (bei den Stressoren ansetzen)

Instrumentelle Stressbewältigung setzt an den Stressoren an mit dem Ziel, diese zu reduzieren oder sie ganz auszuschalten. Bespiele:

  • Persönliche Zeitplanung anpassen
  • Grenzen setzen, «Nein» sagen
  • Nach Unterstützung suchen, soziales Netzwerk aufbauen, zum Beispiel eine Putzhilfe oder Hausaufgabenbetreuung engagieren
  • Arbeitsaufgaben gezielt strukturieren
  • Konflikte aktiv angehen

 

Förderliche Gedanken und Einstellungen entwickeln (bei den persönlichen Stressverstärken ansetzen)

Das Ziel bei der mentalen Stressbewältigung ist, sich die eigenen Denkmuster zu vergegenwärtigen, sie kritisch zu hinterfragen und sie in stressvermindernde Einstellungen und Bewertungen zu transferieren. Beispiele:

  • Perfektionistische Leistungsansprüche kritisch überprüfen und eigene Leistungsgrenzen akzeptieren lernen
  • Schwierigkeiten nicht als Bedrohung, sondern als Herausforderung sehen
  • Mehr innere Distanz wahren
  • Sich des Positiven, Erfreulichen, Gelungenen bewusst werden und darüber Dankbarkeit empfinden

 

Entspannen, erholen, Ausgleich schaffen (bei den Stressreaktionen ansetzen)

Die regenerative Stressbewältigung setzt bei den körperlichen und den psychischen Stressreaktionen an mit dem Ziel, Anspannungen zu lösen, die eigene Widerstandskraft zu erhalten und neue Energien aufzubauen. Beispiele:

  • Regelmässige Bewegung
  • Pflege sozialer Kontakte
  • Ausgleich durch Hobbys und Freizeitaktivitäten
  • Ausreichend Schlaf

 

Die 4-A-Strategie für den Akutfall

In einer akuten Stresssituation kann Eltern die 4-A-Strategie helfen, einen ruhigen Kopf zu bewahren:

Annehmen: Das bedeutet, die Situation so zu akzeptieren, wie sie ist (statt mit ihr zu hadern).

Abkühlen: Das bedeutet, überschiessende Erregung in einer akuten Stresssituation zu regulieren (statt sich in sie hineinzusteigern).

Analysieren: Dies bedeutet, sich einen kurzen Moment Zeit zu nehmen, um zu einer bewussten und schnellen Einschätzung hinsichtlich der eigenen Handlungsmöglichkeiten zu kommen. Die Fragen können lauten: Kann ich etwas tun? Ist es mir die Sache wert?

Ablenkung oder Aktion: Je nach Ausgang der Kurzanalyse gibt es nun zwei Möglichkeiten: Ablenkung von der Situation oder gezielte Aktion zur Änderung der Situation.

Quelle: Gert Kaluza (2018). Gelassen und sicher im Stress. Das Stresskompetenz-Buch: Stress erkennen, verstehen, bewältigen, 7. Auflage, Springer Verlag.

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