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Kindeswohl in der Pandemiebewältigung

Je länger die Corona-Pandemie andauert, desto deutlicher zeigt sich, wie Kinder und Jugendliche davon betroffen sind. Fälle von häuslicher Gewalt nehmen zu und die psychische Belastung steigt.

So sind bei psychischen Kliniken ambulante und stationäre Plätze für Kinder und Jugendliche in vielen Kantonen völlig ausgelastet und es gibt mehr Notfälle. Niederschwellige Präventionsangebote für Kinder und Jugendliche, wie die Dienste von 147, verzeichnen eine stark gestiegene Nachfrage. Dennoch werden Kinder und Jugendliche von offizieller Seite her kaum direkt angesprochen; oft gehen ihre Bedürfnisse vergessen, wenn über Massnahmen zur Bekämpfung der Pandemie entschieden wird. Kinderschutz Schweiz setzt sich in den folgenden Punkten für das Kindeswohl ein:

Offene Schulen

Für Kinderschutz Schweiz kommen Schulschliessungen (bzw. der Umstieg auf Fernunterricht) lediglich als letztmögliches Mittel zur Pandemiebekämpfung in Frage. Die damit einhergehenden Risiken und Benachteiligungen für Kinder und Jugendliche sind zu gross. Einerseits ist die Schule wegen den allgemeinen Kontaktbeschränkungen für die Kinder zu einem noch wichtigeren sozialen Ort geworden. Andererseits ist die Schule ein sicherer Ort für diejenigen Kinder, die zuhause Gewalt erfahren oder Gewalt in der Familie miterleben müssen. Auch psychische Probleme können in der Schule erkannt werden. Es ist deshalb wichtig, dass Lehrpersonen mit Kindern in Kontakt sind und für Kinder und Jugendliche nötigenfalls Hilfe organisieren können. Aus diesen Gründen sind Massnahmen wie eine erweiterte Maskenpflicht, Massentests mit Speichelproben oder nötigenfalls ein "Hybrid-Unterricht" vollständigen Schulschliessungen vorzuziehen. Wenn es punktuell zu einer Schliessung kommt, braucht es weiterhin eine enge Begleitung der Schülerinnen und Schüler durch die Lehrpersonen mit möglichst viel persönlichem Kontakt via Telefon oder Videoanrufen.

Massentests

Im Zuge der neu aufgetretenen, leichter übertragbaren Mutationen des Coronavirus, werden zu deren Eindämmung an Schulen vermehrt Massentests durchgeführt. Kinderschutz Schweiz begrüsst diese Massentests, da Infektionsherden so früher erkannt und somit weitere Ansteckungen und Massnahmen wie Quarantänen für ganze Schulklassen verhindert werden können. Zudem begrüssen wir, wenn die Tests mittels Speichelprobe erfolgen, da die Nasen- und Rachen-Abstriche für Kinder schmerzhaft sein können.

Maskenpflicht für Kinder

Es gibt zurzeit keine wissenschaftliche Evidenz, dass das Tragen von Masken für Kinder aus medizinischer Sicht bedenklich ist (siehe dazu Pädiatrie Schweiz). Kinderschutz Schweiz befürwortet das Tragen von Masken, wenn es zu verhindern hilft, dass ganze Klassen in Quarantäne geschickt oder Schulen ganz geschlossen werden.

Für Kinderschutz Schweiz ist aber zentral, dass den Kindern von den Schulen Kindermasken zur Verfügung gestellt werden und Kinder über den Sinn und das Tragen von Masken altersgerecht informiert und instruiert werden, um allfällige Ängste abzubauen. Weiter braucht es von öffentlicher Seite her zuhanden der Erziehungsberechtigten wissenschaftlich basierte Informationen über das Maskentragen bei Kindern.

Kindergerechte Information

Kinder können besser mit den Massnahmen umgehen, wenn sie altersgerecht informiert werden. Mit der kindgerechten Information werden Kinder ernstgenommen und ermächtigt: Sie verstehen die Umstände und wissen, wie sie zur Bewältigung der Situation beitragen können. Dies reduziert den psychischen Druck. Offizielle Informationsanlässe vom BAG und Bundesrat sollen sich auch an Kinder richten, insbesondere wenn Kinder direkt betroffen sind (etwa bei der Zulassung von Impfstoffen für Kinder).

Betreuung von Kindern in Quarantäne

Kinder, die in Quarantäne sind, brauchen Betreuung. Fehlende Betreuung ist in vieler Hinsicht eine Gefährdung: Vernachlässigung, psychischer Druck durch Einsamkeit, erhöhte Gefahr von sexueller Belästigung oder Kontaktanbahnung durch Erwachsene mit sexuellen Intentionen (Cybergrooming) bei unbegleiteter Internetnutzung. Müssen Eltern ihre Kinder in Quarantäne betreuen und daneben ihren Arbeitsverpflichtungen voll nachkommen, so entsteht eine überfordernde Doppelbelastung, die zu häuslicher Gewalt führen kann. Eltern, die wegen der Betreuung von Kindern in Quarantäne nicht oder nur in vermindertem Umfang arbeiten können, haben ein Anrecht auf eine Corona-Entschädigung. Dieses bestehende Angebot muss von Seiten der Behörden aktiver kommuniziert werden, damit Arbeitgeber und betroffene Eltern um diese Möglichkeit wissen und sich nicht unnötig unter Druck setzen.