Vernehmlassungsantwort zur Verordnung über den Jugendschutz in den Bereichen Film und Videospiele (JSFVV)
Zunächst versteht Kinderschutz Schweiz zwar, dass der Gesetzgeber den Begriff «angemessenes Verfahren» bewusst offen formuliert, um zukünftigen technologischen Entwicklungen im Rahmen des Systems zur Alterskontrolle Rechnung tragen zu können (Art. 1 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 E-JSFVV). Nebst dem Jugendschutz ist aber auch die Privatsphäre der Kinder zu gewährleisten. Die Alterskontrolle darf nämlich nicht eine offene Tür für die Wiederherstellung, Aufbewahrung oder Generierung unnötiger Daten sein. Trotz der Strafbestimmungen von Art. 34 Abs. 2 JSFVG dürfen deshalb nur Verfahren als «angemessen» betrachtet werden, die genügend Garantien bieten, wie die zukünftige e-ID oder die Mitwirkung einer unabhängigen Drittperson bei der Überprüfung.
Sodann ist vorgesehen, dass die elterliche Kontrolle standardmässig so eingestellt ist (Art. 2 Abs. 4 E-JSFVV), dass keine Angebote angezeigt werden, die in der höchsten Altersstufe eingestuft sind. Um den Schutz der jüngeren Kinder zu gewährleisten, sollte aber stattdessen standardmässig die tiefste Altersstufe eingestellt sein. Wer das Konto eröffnet hat, kann diese elterliche Kontrolle ohnehin deaktivieren, damit die Inhalte bis zur jeweiligen Altersgrenze zur Verfügung stehen.
Ausserdem sollte man nach Auffassung von Kinderschutz Schweiz ausdrücklich erwähnen, dass nicht nur bei der Erarbeitung der Jugendschutzregelung, sondern auch bei ihrer Anpassung gemäss Art. 6 Abs. 3 E-JSFVV (Art. 5 Bst. a E-JSFVV) Experten beizuziehen sind. Dies würde gewährleisten, dass sie voll in den Prozess eingebunden werden. Kinderschutz Schweiz als landesweit anerkannte Stiftung setzt sich seit Langem für den Jugendschutz in der Schweiz ein. Im Übrigen steht sie der Branchenorganisation gegebenenfalls als Expertin zur Verfügung. Kinderschutz Schweiz als Vertreterin von ECPAT-Switzerland, Mitglied des «grössten globalen Netzwerks gegen sexuelle Ausbeutung von Kindern und Kinderhandel», kann auch ihr internationales Netzwerk sowie ihre Kenntnis der internationalen Standards auf diesem Gebiet einbringen.
In Bezug auf die Plattformdienste ist sich Kinderschutz Schweiz der Schwierigkeiten eines solchen Systems sehr wohl bewusst. Sie bedauert jedoch die unterschiedliche Regelung für die Alterskontrolle im Vergleich zu jener der Abrufdienste, denn so können die kleinsten Kinder nicht vor Inhalten geschützt werden, die für ihr Alter ungeeignet sind. Ausserdem definiert Art. 7 Abs. 2 E-JSFVV insbesondere Inhalte, die übermässige Gewalt oder explizite sexuelle Handlungen darstellen, als für Minderjährige ungeeignet. In diese Definition sollten aber auch hasserfüllte Inhalte, wie sie sowohl in der Botschaft zum JSFVG als auch auf der Website «Jugend und Medien» erwähnt werden, sowie Inhalte, die schädliche Verhaltensweisen wie Selbstschädigungen oder Suizidversuche, Essstörungen oder Betäubungsmittelkonsum fördern, aufgenommen werden.
Schliesslich begrüsst Kinderschutz Schweiz den Willen des Bundes, die Medienkompetenz namentlich über die nationale Plattform «Jugend und Medien» (Art. 20 E-JSFVV) und durch finanzielle Unterstützung von überregionalen Aktivitäten und Modellprojekten (Art. 21 E-JSFVV) zu fördern und zu stärken. Besondere Beachtung sollte der Umsetzung dieser Kompetenzen bei Familien in benachteiligten Situationen geschenkt werden, wie es in der Allgemeinen Bemerkung Nr. 25 des UN-Ausschusses für die Rechte des Kindes gefordert wird. Auch der Förderung und Unterstützung von Projekten gegen Cyber-Sexualdelikte soll eine gewisse Priorität eingeräumt werden. Sie sind entsprechend den Verpflichtungen des Bundesrats in seinem Bericht vom 11. Januar 2023 auszubauen.
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