Der Mensch entwickelt sich bis an sein Lebensende weiter. Das bedeutet, dass wir immer wieder sogenannte «Entwicklungsaufgaben» zu meistern haben. Diese Aufgaben unterscheiden sich je nach Lebensphase. In der Kindheit entwickeln wir uns im Vergleich zum restlichen Leben sehr schnell, die Phasen folgen deshalb in relativ kurzen Abständen aufeinander. Auch Eltern haben in Bezug auf ihr Kind Entwicklungsaufgaben zu bewältigen.
Kindliche Entwicklungsaufgaben – ein Beispiel: Gefühlsausbrüche
Die Bekannteste Phase ist wohl die sogenannte «Autonomiephase» oder auch «Phase der Willensbildung» bei Kleinkindern zwischen ca. 1.5 und 3 Jahren: Kaum sind Kinder wenige Jahre auf der Welt, beginnen sie uns mit ihrem Verhalten, ihren Gefühlsausbrüchen und Widerständen – vermeintlich – herauszufordern. Schnell vergessen wir dabei, dass Kinder nicht gegen uns, sondern für sich selbst kämpfen: Wie es die Namen schon sagen, stehen in dieser Phase das Erforschen und Erfahren von Autonomie und dem eigenen Willen im Vordergrund.
Es geht also um die Fragen «Was KANN ich (selbst!)?» und «Was will ICH?».
Entsprechend hören Eltern in dieser Zeit öfter mal die Wörter «Selber!» und «Nein!».
In ihrem Erforschen stossen die Kleinkinder immer wieder an die Grenzen von dem, was sie noch nicht selber können oder entscheiden dürfen. Das löst bei ihnen oft grosse Frustration und entsprechende Gefühlsausbrüche aus – verständlicherweise, denn sie möchten doch so gerne! Zudem gehört auch das Regulieren-Lernen der eigenen Gefühle zu den Entwicklungsaufgaben – die ein Kind im Übrigen bis mind. 12-jährig intensiv beschäftigt, jedoch natürlich ein Leben lang eine Aufgabe bleibt!
Bei Gefühlsausbrüchen das Kind begleiten
Im Alter zwischen 1.5 und 3 Jahren sind Wutausbrüche und Aggressionen gegen sich selbst und andere Menschen Teil der normalen kindlichen Entwicklung. Als erwachsene Person und Elternteil ist es deshalb notwendig, dass wir unser Kind zu Verstehen versuchen und in seinen Gefühlsausbrüchen begleiten – statt es zu beschimpfen und zu beschämen, zu ignorieren oder alleine in ein Zimmer zu stellen. Das können wir jedoch nur, wenn wir ruhig bleiben, also unsere eigenen Gefühle in dem Moment regulieren können. Eine gute Selbstkenntnis und Selbstfürsorge ist dafür zentral.
Durch unser verständnisvolles Begleiten erfährt das Kind, dass seine Gefühle ein wichtiger Ausdruck seiner Bedürfnisse sind. Denn auch wenn uns die Gefühle manchmal etwas dramatisch vorkommen: Für das Kind sind sie in dem Moment sehr real und oft auch überwältigend, d.h. es weiss dann nicht, wie es da alleine wieder rauskommt und ist auf unsere Hilfe angewiesen. Mit unserer Unterstützung kann das Kind nach und nach lernen, seine Gefühle (auch selbst) zu regulieren.