Some alternative text

Cybergrooming

Erwachsene Personen verstecken sich hinter Fake-Profilen und geben sich als Jugendliche aus, um leichter mit Kindern oder Jugendlichen in Kontakt zu kommen, sie in eine Falle zu locken und sexualisierte Gewalt auszuüben. Vor Cybergrooming kann man sich schützen.

Was ist Cybergrooming?

Der Begriff Cybergrooming steht kurz für: «Sexual Child Grooming». Bei Cybergrooming baut eine erwachsene Person online über eine längere Zeit Kontakte zu Kindern und Jugendlichen auf mit der Absicht, sexuelle Gefälligkeiten oder einen sexuellen Missbrauch zu erzwingen. Charakteristisch ist, dass die erwachsene Person auf manipulative Art ein Vertrauensverhältnis und Nähe aufbaut, sodass die betroffenen Minderjährigen in eine emotionale Abhängigkeit geraten.

Zahlen und Fakten

Cybergroomer:innen nutzen folgende Social-Media-Kanäle am häufigsten, um Jugendliche anzuschreiben:

  • 24.9 %

    TikTok

  • 22.1 %

    Instagram

  • 19 %

    Facebook

  • 18.6 %

    Whatsapp

Minecraft (17.1%) und Call of duty (12.1%) sind im Jahr 2022 die Online-Games, die Cyber-Groomer:innen am häufigsten nutzen, um Jugendliche anzuschreiben.
  • 19.5 %

    der Kinder und Jugendlichen haben eine Gegenleistung (Geld, Handy, Kleidung etc.) versprochen bekommen für den Versand von Fotos oder Videos von sich.

  • 14 %

    der Kinder und Jugendlichen geben an, bereits Nacktbilder empfangen zu haben.

  • 11.4 %

    der Kinder und Jugendlichen haben im Internet eine Drohung erhalten. 

Von wo / Von wem sich Jugendliche Hilfestellungen wünschen, um besser mit unangenehmen Kontakten im Internet umgehen zu können:

  • 64.7 %

    von der Schule

  • 54.5 %

    Für die Jugendlichen sind die Eltern die wichtigsten Bezugspersonen, an die sie sich bei Verdacht von Cybergrooming wenden.

Zahlen: Landesanstalt für Medien NRW, 2022

So geht Cybergrooming

Die Cybergroomer:innen bewegen sich in der Online-Welt dort, wo sich auch Kinder und Jugendliche aufhalten: Onlinegames, Soziale Medien (Tiktok, Snapchat, Instagram, usw.) und Chatrooms. Die Tatpersonen wenden bewusste Strategien an, um das Vertrauen von Kinder und Jugendlichen zu gewinnen, um an Fotos und Videos mit sexuellem Inhalt zu gelangen.

Vorgehen bei Cybergrooming

Groomer:innen suchen sich in der Regel Jugendliche aus, welche entweder zurückhaltend sind und Aufmerksamkeit und Zuwendung suchen; oder solche, die extrovertiert und risikofreudig sind. Über eine humorvolle, lockere Kommunikation gewinnen sie das Vertrauen zu den Jugendlichen. Mit sexuell anstössigen Kommentaren testen sie, ob die/der Jugendliche eine sexuelle Offenheit mitbringt und grundsätzlich sexuell aktiv ist.

In der ersten Phase findet bereits ein Austausch von Bildern ohne sexuellen Bezug statt. Die Tatperson will sichergehen, dass es sich tatsächlich um eine minderjährige Person handelt, und testen, ob diese den persönlichen Vorlieben entspricht. Meist gibt der/die Groomer:in vor, das gleiche Alter, die gleichen Hobbys und Interessen wie die potenziellen Opfer zu haben.

Um ein enges Verhältnis und die Kontrolle über die/den Jugendliche:n zu erlangen, stellt die groomende Person eine enge emotionale Bindung her, indem…

  • sie den Sprachstil der/des Jugendlichen übernimmt,
  • sie gezielt nach persönlichen Themen sucht, um eine Verbindung herzustellen,
  • sie Fragen zur Persönlichkeit und Lebenswelt stellt und sich insbesondere für Sorgen und Probleme interessiert,
  • sie die angeblichen oder tatsächlichen Gemeinsamkeiten hervorhebt.

Diese Strategien schaffen eine Vertrauensbasis. Ziel der groomenden Person ist es, zunehmend Macht und Kontrolle über die Situation und die/den Jugendliche:n zu erlangen und so eine emotionale Abhängigkeit zu schaffen.

Die groomende Person prüft die Risiken des Kontakts mit den Jugendlichen indem sie abklärt, ob die minderjährige Person mit anderen über die Beziehung spricht. Fragen, ob das Gerät alleine genutzt wird, wo die Person zu Hause ist, wie die Arbeitszeiten der Eltern sind oder ob es während der Online-Aktivität alleine ist, können der Tatperson relevante Informationen liefern.

Der/Die Groomer:in will, dass sich der/die Jugendliche auf diese Beziehung einlässt. Die groomende Person täuscht Vertrauenswürdigkeit vor, indem sie Geheimnisse, Probleme und Sorgen der Jugendlichen erfragt, und gibt vor, dass nur sie diese Sorgen versteht und diese Probleme lösen kann.

Sie hebt die Besonderheit der Beziehung hervor. Sie suggeriert, dass das Umfeld diese Beziehung nicht versteht und diese deswegen geheim gehalten werden muss. Indem die groomende Person die Beziehung als exklusiv darstellt, kann sie die störenden Einflüsse des Umfelds minimieren und den eigenen Einfluss auf den/die Jugendliche:n maximieren.

Der/Die Groomer:in unterhält sich mit der/dem Jugendlichen über sexuelle Erfahrungen und Fantasien. Die Tatperson gibt vor, eine Mentorenrolle einzunehmen und dem/der Minderjährigen zu einem besseren Verständnis der eigenen Sexualität verhelfen zu wollen. Dieser Austausch ist der Beginn für die ersten sexuellen Kontakte zwischen der groomenden Person und der/dem Jugendlichen. Die groomende Person kann direkt nach sexuellem Material wie z. B. Nacktbildern (Nudes), Videos, Sprachaufnahmen oder auch nach sexuellen Handlungen vor der Kamera (sog. Camsex) fragen. Oder sie greift zur Methode der Bestechung, macht also Geldangebote, um Nacktbilder von Jugendlichen zu erhalten. Das Bildmaterial kann für Erpressungen und Drohungen eingesetzt werden, die der Manipulation und Kontrolle der Jugendlichen dienen. (siehe auch Sextortion und Sexting)

Schutzstrategien – bevor es passiert

    • Sprechen Sie mit Ihrem Kind über die unterschiedlichen Phasen des Cybergrooming-Prozesses.

    • Verzichten Sie möglichst darauf, persönliche Daten Ihres Kindes (Name, Alter, Schule, etc.) online zu teilen – insbesondere auf Social Media.

    • Teilen Sie nur online, was Sie auch offline mit Fremden teilen würden.

    • Posten Sie zum Schutz der Privatsphäre Ihres Kindes keine Bilder, auf denen es erkennbar ist.

    • Stellen Sie Ihr Profil auf privat oder teilen Sie Bilder, die Ihr Kind zeigen, nur mit ausgewählten Personen. So bestimmen Sie selbst, wer die Beiträge sehen kann.

    • Achten Sie auf Ihren eigenen Umgang mit Medien und dem Internet, denn Sie sind für Ihr Kind ein Vorbild – auch online.

    • Zeigen Sie Interesse daran, was Ihr Kind im Internet macht, und sprechen Sie mit ihm darüber; auch über die Risiken, die ihm in der digitalen Welt begegnen können. Machen Sie Ihr Kind darauf aufmerksam, dass nicht alle Menschen im Internet gute Absichten haben und dass Profile – auch die anderer Kinder – gefälscht sein können. Besonders bei Kontaktanfragen von fremden Personen sollte Ihr Kind vorsichtig sein.

    • Informieren Sie sich über eine altersgerechte Sexualerziehung Ihres Kindes und klären Sie es über sexualisierte Gewalt – sowohl online als auch offline – auf. Offene Gespräche über Sexualität schaffen Raum für Vertrauen und fördern die gesunde sexuelle Entwicklung des Kindes.

    • Trainieren Sie gemeinsam Abwehrstrategien: Wenn Sie mit Ihrem Kind das Neinsagen üben, kann es im Ernstfall darauf zurückgreifen. Sätze wie «Das will ich nicht!» oder «Ich zeig dich an!» können abschrecken.

    • Unterstützen Sie Ihr Kind dabei, sich selbst vor sexualisierter Gewalt zu schützen. Sie können zum Beispiel mit Ihrem Kind die Ausstellung «Love Limits» besuchen. Die Ausstellung richtet sich an Jugendliche, Eltern sowie Lehrkräfte. Jugendliche lernen hier, die Bedeutung von persönlichen Grenzen in Beziehungen zu verstehen und diese zu respektieren.

    • Orientieren Sie sich für das Posten von Kinderbildern an der folgenden Checkliste
  • Personenbezogene Daten werden im Internet viel schneller preisgegeben als im Austausch in der realen Welt.

    • Besprechen Sie mit Ihrem Kind dessen Profile auf den unterschiedlichen Plattformen und die Unterschiede in den Einstellungen von öffentlichen und privaten Profilen. Gehen Sie gemeinsam mit Ihrem Kind die Datenschutzeinstellungen auf den genutzten sozialen Plattformen durch. Stellen Sie sicher, dass Profile mit vielen persönlichen Informationen auf "privat" gestellt sind, sodass nur Freund:innen und genehmigte Follower die Beiträge sehen oder überhaupt mit Ihrem Kind interagieren können.

    • Zeigen Sie Ihrem Kind, wie es die selbstlöschende Option wählen kann. Geben Sie in einer Suchmaschine z.B. «Whatsapp und selbstlöschende Option» ein, um eine Anleitung zu erhalten. Es ist aber keine Gewährleistung für den Schutz der Verbreitung: die andere Person kann z.B. mit einem zweiten Handy aufnahmen oder einen Screenshot machen.

    • Informieren Sie sich mit Ihrem Kind mit Hilfe einer Suchmaschine, wie man Fake-Profile z.B. auf Instagram erkennt. Geben Sie z.B. «Instagramm und Fake-Profile erkennen» ein.

    • Zeigen Sie Ihrem Kind, wie es Geräte und Fotoalbum mit einem Passwort (oder Gesichtserkennung) schützen kann.

    • Erinnern Sie Ihr Kind daran, starke Passwörter zu verwenden, damit es sich vor möglichen Hacker-Angriffen schützen kann.

    • Erklären Sie Ihrem Kind, dass es keine Links von unbekannten Quellen anklicken oder Dateien herunterladen sollte, da diese Spam und Malware enthalten können.

Schutzstrategien – nachdem es passiert ist

    • Holen Sie sich bei Bedarf weitere Informationen und Unterstützung bei der unabhängigen und anonymen Melde- und Beratungsstelle clickandstop.ch

    • Gehen Sie unter keinen Umständen auf Forderungen (z. B. Erstellung/Versand von Bildern oder Geld) durch Erpresser:innen ein.

    • Machen Sie Ihrem Kind keine Vorwürfe und zeigen Sie, dass Sie auf seiner Seite stehen. Sexualisierte Gewalt gegenüber Kindern und Jugendlichen ist nie deren Schuld – weder online noch offline.

    • Vermitteln Sie Ihrem Kind, dass es keine Schuld trägt und dass es nicht allein ist. Ein solcher Vorfall kann beim Kind Scham auslösen. Vielleicht will es im ersten Moment nicht mit Ihnen darüber sprechen. Es ist jedoch wichtig, den Dialog zu suchen, um zu verstehen, weshalb Ihr Kind den Kontakt zu dieser Person gepflegt hat, und wie es sich künftig besser schützen kann.

    • Machen Sie dem Kind Mut und sichern Sie ihm Ihre Unterstützung zu. Es kann vorkommen, dass sich Kinder und Jugendliche plötzlich einer Vermittlung verweigern oder Hilfe ablehnen. Ein möglicher Grund ist Angst davor, dass noch weitere Personen hinzugezogen werden müssen (zum Beispiel die Polizei). Erklären Sie ihm, dass dies alles Fachpersonen sind, deren Aufgabe es ist, zu helfen und zu unterstützen.

    • Gehen Sie nach einem Vorfall möglichst rasch zur Polizei und erstatten Sie Anzeige. Bringen Sie nach Möglichkeit Beweismaterial mit. Achten Sie dabei auf Folgendes:
      • Keine Speicherung, Weiterleitung und Verarbeitung des kinderpornografischen Bild- und Videomaterials! Der Besitz und die Weiterleitung von Erzeugnissen mit sexuellen Handlungen mit Minderjährigen ist ebenso verboten wie die Herstellung. Lassen Sie sich also auch keine Bilder und Videos zuschicken, um diese dann als Beweismaterial auf Ihrem Handy zu sichern. 
      • Bringen Sie betroffene Handys oder Tablets zur Polizei.
      • Stellen Sie verfügbare Informationen zu Täter:innen zusammen: 
        • (User-)Name der Täterschaft mittels Bildschirmaufnahmen (Screenshots), die den Registrierungsnamen sowie die Fotoübersicht des Accounts der Täterschaft enthalten. Notieren Sie das Datum und die Uhrzeit der Bildschirmaufnahmen.
        • Verwendete Mailadressen, Telefonnummern etc.
    • Blockieren/melden Sie den Account bei der Plattform erst nach der Spurensicherung durch die Polizei. So kann die Polizei Ermittlungen/Sicherungen des Erpresser-Accounts vornehmen.

    • In einigen Fällen gehen sexualisierte Gewalt oder Erpressungsversuche auch von Schulkolleg:innen aus. Informieren Sie allenfalls Lehrpersonen oder Schulsozialarbeitende über die Situation und prüfen Sie rechtliche Schritte. 

    • Nutzen Sie den anonymen und kostenfreien Service von Take It Down, um eine Weiterverbreitung der Aufnahmen auf unterschiedlichen Plattformen zu verhindern.

Engagement Kinderschutz Schweiz

Kinderschutz Schweiz benennt die Missachtung der Rechte der Kinder und fordert die konsequente Umsetzung der UNO-KRK in der Schweiz. Die Stiftung bringt sich in Debatten ein, wird zum Schutz der Kinder aktiv und fordert von den politisch Verantwortlichen kinder- und familienfreundliche Strukturen.